Statement von Ecodefense

Die Aktivist*innen von Ecodefense in Rußland haben ein Statemetn veröffentlicht, welches die dramatische Situation in Rußland verdeutlicht, wo u.a. die Steinkohle gewonnen wird, die Datteln4 verfeuert. Die Menschen gehen im Rahmen ihres Widerstandes hohe Risiken ein, denn die politische Situation in Rußland führt auch immer wieder zu Angriffen auf und Morden an Aktivist*innen. Eine Vertreterin von Ecodefense war im Februar vor Ort, als Ende Gelände das Kraftwerk Datteln4 blockierte. Jetzt ist es Zeit, dass wir alle ihr aufrüttelndes Statement teilen, lesen und dann einsteigen in den Kampf gegen Kohle und Atomkraft weltweit! Deshalb hier & heute kein Beitrag von mir, sondern die Worte der russischen Aktivist*innen.

Liebe Freund*innen und Mitstreiter*innen,
herzliche Grüße aus Russland, wo die Grenzen wegen der Corona-Pandemie geschlossen wurden und Putin Druck macht, die Verfassung so zu ändern, dass er unbefristet an der Macht bleiben kann. In diesen schweren Pandemie-Zeiten versuchen viele dreckige Industrien die Situation zu ihrem Vorteil auszunutzen. Der Urananreicherer Urenco z. B. schickt Atommüll von Gronau nach Russland, weil die hiesige Atomindustrie den Atommüll aus kommerziellen Gründen gerne annimmt. Aufgrund der aktuellen Beschränkungen durch die russische Regierung – wir dürfen weder die Wohnung verlassen noch auf der Straße demonstrieren – profititiert die Atomindustrie von protestfreien Atomtransporten. Das hatten sie sich immer erhofft.
Urenco profitiert auch von der Pandemie, weil sie ihren gefährlichen Atommüll extrem einfach loswerden, indem sie alle drei bis vier Wochen Atomtransporte auf die Reise schicken. Während die Menschen sehr strikte Beschränkungen akzeptieren müssen, genießt die Atomindustrie unbegrenzte Freiheiten. Dazu zählt die “Freiheit”, atomare Probleme für zukünftige Generationen zu schaffen. Das Verschiffen von Atommüll nach Russland während der Pandemie ist nur ein weiteres Beispiel dafür, wie zynisch und unmenschlich die Atomindustrie agiert. Jeglicher Transport von Atommüll muss sofort gestoppt werden! Urenco sollte gezwungen werden, selbst Verantwortung für den eigenen Atommüll zu übernehmen!
Eine weitere federführende Todesindustrie ist die Kohleindustrie. Auch sie genießt in Russland große Freiheiten. Sie verheizt nicht nur das Klima dieser Erde, sie verheizt auch wortwörtlich die Zukunft von unserer und der nächsten Generationen auf diesem Planeten. Die Inbetriebnahme von Datteln IV bedeutet einen weiteren Schritt auf dem Weg zur globalen Klimakatastrophe. Hier geht es nicht nur um die deutsche Energiepolitik, hier geht es auch um die russische Kohle-Industrie. Beide sind dafür verantwortlich, dass sich die Chancen auf ein Überleben der Menschheit verringern, weil sich der Klimawandel beschleunigt.
Die Unverantwortlichkeit der russischen Atomindustrie kann mit der der Kohle-Industrie verglichen werden. Beide schaffen äußerst gravierende Konsequenzen für die Umwelt. Kohle zerstört nicht nur unsere Zukunft, sie zerstört aktuell auch die Häuser und die Heimat der Menschen in Sibirien. Die Luft im Kuzbass, der wichtigsten russischen Bergbau-Region, ist so vergiftet, dass die Menschen dort an Krebs erkranken, nur weil sie normal atmen. Das Wasser der Flüsse ist schwarz, Babies werden mit tödlichen Krankheiten geboren. Und diese Katastrophe wird größer mit der Realisierung jedes neuen Kohle-Kraftwerks wie das in Datteln. Denn Datteln IV bekommt auch Kohle-Lieferungen aus Sibirien!
Wir sprechen heute zu euch, weil es immer noch eine Chance gibt, diese Zerstörungen aufzuhalten und ein besseres Leben zu erkämpfen – ungeachtet der tödlichen Umweltzerstörung und ungeachtet der Corona-Beschränkungen. Wir können die Zerstörungen stoppen, wenn wir international zusammenarbeiten und uns dabei an einem sehr einfachen Prinzip orientieren: Kohle und Atom müssen für immer der Vergangenheit angehören – die Zeit ist schon lange reif für erneuerbare Technologien. Dies ist der einzige Weg in die Zukunft!
Wir richten uns heute auch direkt an die Bundesumweltministerin Svenja Schulze: Sie sind als Ministerin der Bundesregierung verantwortlich für die Genehmigung der Uranmüllexporte von Gronau nach Russland sowie für die Inbetriebnahme von Datteln IV. Damit sind Sie auch für den Import der russischen Kohle nach Deutschland mitverantwortlich. Wir wissen, dass Ihnen die
brandgefährlichen Konsequenzen dieser Entscheidungen für die Menschen und das weltweite Klima bewusst sind. Welche Beweggründe auch immer zu Ihren Entscheidungen geführt haben, wir fordern Sie eindringlich auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Export des Uranmülls von Gronau nach Russland genauso zu stoppen wie den Weiterbetrieb von Datteln IV. Für die Zukunft der Erde und der Menschheit muss dies sofort geschehen!
Herzlichen Dank und solidarische Grüße
Alexandra Koroleva und Vladimir Slivyak – Co-Vorsitzende der russischen Umweltorganisation Ecodefense
Moskau, 7. Juni 2020

systemchange not climatechange

Die fff starteten auch endlich wieder in Würzburg. Da musste die Gelegenheit genutzt werden, um ein paar Dinge zu sagen.

Rede, Freitag, 5.6.2020, fff-Demo Würzburg

 
Systemwandel statt Klimakrise!
Coronakrise, Klimakrise, globale Ausbeutung insbesondere des globalen Südens, Ausbeutung von vielen Milliarden fühlenden Wesen in Tierfabriken, wachsende nationalistische Bewegungen & ebensolches Gedankengut, faschistische Regierungen, Fluchtursachen wie z.B. Krieg, Dürren, Hungersnöte, untragbare Zustände in Geflüchtetencamps an der EU-Außengrenze,  Polizeigewalt, insbesondere gegen Ärmere, Obdachlose, BIPoC, PoM, Frauen, sowie politische Aktivist*innen. Die Liste ist endlos lang. Doch was haben all die Punkte gemeinsam?
 
Diese gesellschaftlichen & globalen katastrophalen Zustände sind gekennzeichnet und verursacht durch Macht- und Herrschaftsansprüche & -verhältnisse und durch eine kapitalistische Ausbeutungslogik, die auf unendliches wirtschaftliches Wachstum abzielt ohne Berücksichtigung der planetaren Grenzen und ohne moralische Ansprüche an Ethik gegenüber Menschen, Natur & anderen Tieren. Gleichzeitig basieren diese Zustände auf einer herrschenden Klasse, die den Status Quo zur Not mit autoritären Mitteln und Gewalt erhalten will & die Massen mittels Lohnarbeit und kapitalistischen Konkurrenzdruck und Abhängigkeiten klein hält. Diskriminierungsformen wie Rassismus, Sexismus, Speziesismus & andere sind ein Teil davon. 
 
Um all diesen überwältigenden Problemen begegnen zu können, benötigt es einen radikalen Wandel. Sowohl in den Herzen und Köpfen, als auch in der Überwindung des auf Ausbeutung und Unterdrückung basierenden Systems des globalen Kapitalismus. Der dringend erforderliche Wandel muss basieren auf internationaler Solidarität.
 
Die Covid-19 Pandemie trifft vor allem die Länder jetzt am Härtesten, deren herrschende Klasse sich dem internationalen Konkurrenzdruck des globalen Kapitalismus verschrieben haben und selbst mit allen Mitteln versuchen, Teil davon zu werden. Covid-19 trifft auch solche Länder besonders hart, deren Regierungen eher mit faschistischen Regimen vergleichbar sind. Es hat bisher alleine dadurch besonders in den armen Bevölkerungsteilen, hunderttausende Todesopfer gegeben, und in einer Logik in der Gesundheitssysteme auf Kosten der Gesundheit der Menschen wirtschaftlich optimiert werden, fossile Energieträger auf Kosten der Umwelt & Menschen abgebaut und verbrannt werden, Konkurrenzdenken anstatt Kollektivem Denkens propagiert wird, Leistungsdruck, Erwartungshaltungen, binäre Rollenbilder und vorgegebene sexuelle Orientierungen zur gesellschaftlichen Norm gehören und auch mentale Gesundheit stigmatisiert und als nicht so wichtig angesehen wird, sind zukünftige Katastrophen und Krisen, welche definitiv kommen werden, nicht zu bewältigen.
 
Genau in dieser Zeit, wo Menschen in der gesamten Welt darüber hinaus bereits an den Folgen der Klimakrise leiden und diese sich mittlerweile auch hier stärker bemerkbar macht, wird offen in den Parlamenten über Abfuckprämien diskutiert, das Kohlekraftwerk Datteln4 ans Netz angeschlossen, Fluggesellschaften gerettet, das Gesundheitswesen weiter privatisiert, weiterhin fossile Energien subventioniert und am Leben gehalten. Arbeiter*Innen, Natur und andere Tiere werden in Tierfabriken ausgebeutet und die Globalisierung der Weltausbeutung, genannt Weltwirtschaft, wird vorangetrieben, ganz getreu dem Motto „Zuerst die Wirtschaft & der Profit, dann alles andere“. Dies alles ist zugleich jedoch keine Überraschung, denn es folgt der kapitalistischen Logik und dem Willen der herrschenden Klasse. Es verwundert auch nicht, dass jetzt vor allem viele Menschen der sogenannte untere Klasse vor existenziellen Notlagen stehen, sich aber primär vor allem von den Parlamenten und den dazugehörigen Lobbygruppen um die Interessen der Großkapitalist*innen gekümmert wird, während für Pflegekräfte und Co. von Balkonen geklatscht wird.
 
Auch in Würzburg wird der selben Logik gefolgt. Anstatt den Wandel wirklich voranzubringen, Kultur, Kollektivität, Basisdemokratie & Ökologie zu stärken, werden lieber durch Absprachen hochbezahlte Stellen im Rathaus geschaffen. 
 
Dies verwundert jedoch ebenso wenig, da eine parlamentarische Parteienpolitik & die dazugehörigen Parlamente eben auch auf dieser Klassenherrschaft beruhen und somit das bestehende System nicht ansatzweise mit dem Willen zur echten Veränderung angehen, sondern eher den Status Quo festigen. Hierbei geht es um schlicht um Macht und Fraktionskämpfe.
 
Es ist jedoch weit entfernt von der Ermutigung Einzelner, von Basisdemokratie und teilhabender Mitbestimmung, sowie der Ermächtigung der Bevölkerung & dem Abbau von Hierarchien. Dies ist aber essentiell als Basis für einen gesellschaftlichen und systemischen Wandel, den wir uns ersehnen, den wir aber auch dringend benötigen.
 
Wir brauchen freie Räume und soziale Kulturzentren, wo Menschen wieder zusammenfinden und kollektiv lernen, sich weiterentwickeln und neue Systeme ausprobieren können, sowie sich gegen kapitalistische Markt- & Profitlogik wehren können. Es bedarf vor allem auch einen neuen Mut, das etwas Neues mit dem Anspruch der Ökologie, der Hierarchiefreiheit und des guten Lebens für alle unabhängig Ihrer sozialen Klasse, Hautfarbe, ihres Geschlechts, der geographischen Herkunft, sexuellen Orientierung o.ä. machbar ist.
 
Ziviler Ungehorsam ist unsere moralische Pflicht, um gegen diese Ungerechtigkeiten vorzugehen und wir müssen geschlossen  und solidarisch der kapitalistischen Klasse zeigen, dass wir ihr „business as usual“ mit all den Konsequenzen auf dem Rücken anderer nicht einfach so hinnehmen.
 
Wir lassen uns auch durch Kriminalisierung von staatlichen und politisch rechts motivierten Institutionen wie den Verfassungsschutz nicht zum Schweigen bringen oder spalten. Wir kämpfen für individuelle Freiheit, Kollektive Solidarität, Selbstbestimmung und Teilhabe, sowie gegen Ausbeutung, Gewalt und Diskriminierung.
 
We are unstoppable, another world is possible. Wir sind Ende Gelände und wir sind nicht allein.
 
Deshalb gilt für uns weiterhin: Auf geht‘s, ab geht‘s, Ende Gelände! 

Jenseits von Corona

Jenseits von Corona      (15. April 2020)

Die ignorierten, ausgeblendeten und vernachlässigten Themen jenseits von Corona

Corona – über kaum etwas anderes wird momentan gesprochen. Ohne Zweifel ist das richtig und wichtig, aber das gilt ebenso für andere Themen, die in der aktuellen Situation kaum noch Beachtung finden, obwohl diese Themen bzw. die dahinterstehenden Fakten mehr Menschenleben bedrohen und fordern, als Corona es tut. Diese Themen bergen Bedrohungen und sie fordern Opfer, aktuell und zukünftig. Die Liste dieser Themen ist lang, sie sind nicht neu und sie hängen alle zusammen – was das wirklich Erschreckende und massiv Gefährliche daran ist.
Die Klimakrise schreitet voran, in riesigen Schritten, weltweit. Während wir in Deutschland zumindest hin und wieder daran erinnert werden, weil wir im April bereits Waldbrände haben, Landwirte Alarm schlagen, dass die Böden schon jetzt zu trocken sind und wir vor einem weiteren Dürresommer stehen, finden Katastrophen des Klimazusammenbruchs in anderen Ländern kaum mehr Beachtung. Wir im globalen Norden sind es aber, die diese Katastrophen verursachen und wir sind es, die die Menschen damit alleine lassen, einzig darauf bedacht, die Folgen für uns und unsere Wirtschaft abzumildern.
Ostafrika, Indien und Pakistan erleben die schlimmste Invasion von Wanderheuschrecken seit mehr als 70 Jahren. In Kenia wurde ein Schwarm gesichtet, der 80 km lang und 40 km breit ist und innerhalb 1 Tages so viele Nährstoffe vernichtet wie 80 Millionen Menschen. Diese Zahlen sind nicht mehr zu begreifen und vor allem sind die Auswirkungen nicht mehr in den Griff zu bekommen. In Äthiopien musste ein Flugzeug notlanden, weil es in einen Schwarm geraten war. Eritrea, Jemen, Sudan, Uganda, Ruanda, Tansania – diese Länder können nichts mehr entgegensetzen. In den Grundfesten erschüttert durch Dürren, Überflutungen und Bürgerkriege sind dort bereits mehr als 11 Millionen Menschen auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Diese Zahlen werden explodieren. Normalerweise Einzelgänger bilden sich nun riesige Schwärme von Heuschrecken, die am Tag bis zu 150 km zurücklegen und dabei nichts als Verwüstung hinterlassen. Begünstigt durch Regenfälle wachsen die Populationen, die Schwärme können nicht bekämpft werden. Es fehlen Flugzeuge, dort, wo einige vorhanden sind, dürfen sie aufgrund von Bürgerkriegen nicht fliegen, die Tiere sind teilweise bereits immun gegen die aggressiven Gifte, die bereits zu lange verwendet werden, um auf immer weniger Fläche, unter immer schlechteren Bedingungen immer mehr Menschen zu ernähren. Unter der Erde abgelegte Eier sorgen für ununterbrochenen Nachwuchs. Wissenschaftler sehen die zunehmenden Zyklone und das sogenannte Dipol-Phänomen (für welches der Klimawandel ursächlich ist) als Auslöser und Förderer dieser Katastrophe. Der Indische Ozean ist im Westen um einige Grad wärmer als im Osten. Das führte zu Dürren und Bränden in Australien, die Küste Ostafrikas wurde von heftigen Regenfällen heimgesucht, was ideale Bedingungen für die Vermehrung der Heuschrecken bot.
Wir müssen uns vor Augen führen, dass wir auch jetzt im „Corona-Lockdown“ durch unser Handeln, welches momentan nur kurzfristig etwas eingeschränkt, nicht aber völlig verändert ist, weiterhin Fluchtursachen wie diese in unfassbarem Ausmaß schaffen. Und wir tun das aufgrund unseres irrationalen, gefährlichen und falschen Festhaltens an einem Wirtschaftssystem, welches wachsen muss um seiner selbst willen. Unsere Versuche, den Kapitalismus in ein Grünes Gewand zu zwängen, sind absurd, gefährlich und lächerlich. Sie zeugen von Dummheit, Ignoranz, Fahrlässigkeit, der Fähigkeit einiger sich selbst zu belügen und des Strebens weniger nach immer mehr: mehr Gewinnen, mehr Macht, mehr Einfluss. Wer nicht versteht oder nicht verstehen will, dass „mehr“ nur funktioniert, wenn wir weiterhin auch „mehr“ verbrauchen, produzieren, der Erde entreißen und damit mehr Schaden anrichten, verschließt die Augen vor der Realität. Wer es versteht und trotzdem das Märchen vom „Grünen Kapitalismus“ verbreitet und damit gegen den Klimazusammenbruch ankämpfen will, riskiert bewusst und gewollt die drohende Katastrophe mit all ihren Folgen.
Wir müssen weg vom Kapitalismus, der verantwortlich ist für viele der großen Probleme und der sie stetig verstärkt. Der Kapitalismus ist Ursache und Multiplikator der Katastrophen, Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten auf unserem Planeten. Wir müssen es denken und sagen dürfen und wir müssen endlich anfangen, unser Wirtschaftssystem radikal zu verändern. Der Kapitalismus tötet und zerstört, er beutet aus und er spielt Menschen gegeneinander aus.
Die Folgen davon sehen wir nicht nur in der Klimakatastrophe und allem, was sie mit sich bringt. Wir sehen sie momentan direkt und dramatisch an den Außengrenzen der Europäischen Union. In Lagern, auf Fluchtrouten, auf dem Meer – wir lassen Menschen sterben. Wir wissen es, wir lassen es zu und spätestens dann, wenn Boote zerstört, gerammt und beschossen werden, greifen wir aktiv ein und töten. Die Regierungen der Europäischen Union werden zu Mördern und das alles in erster Linie weil „die Wirtschaft“ geschützt werden muss – vor vermeintlich zu vielen Menschen, die keine Gewinne bringen, aber deren Versorgung und Unterbringung etwas kostet. Der Kapitalismus schützt sich, indem er Grenzen schließt, Mauern baut, Stacheldraht auslegt und Seenotretter*innen Hafeneinfahrten verweigert. Gepaart wird der Kapitalismus in dramatischer Weise mit Rassismus. Nicht anders als mit Rassismus sind Ausgaben z.B. Deutschlands in Millionenhöhe zu erklären, um Urlauber*innen nach Hause zu fliegen, Erntehelfer*innen einzufliegen, damit der Spargel gestochen wird, während ein paar Tausend Menschen in Lagern auf Corona und den Tod warten, den andere – auch an Ostern – auf dem offenen Meer bereits gefunden haben.
Begriffe, um das Unglaubliche, eigentlich Undenk- und Unsagbare zu beschreiben, fehlen mir schon lange. Ebenso kann ich nicht begreifen, dass so vielen scheinbar der Zynismus und die Heuchelei nicht einmal mehr auffallen, die doch so offensichtlich sind: nach Wochen des zähen Ringens und Monaten des Nichtstuns holen wir 50 Kinder aus Moria, wir stehen auf Balkonen und applaudieren Verkäufer*innen und Menschen in Pflegeberufen, denen seit Jahren keine gerechten Löhne gezahlt werden und deren Arbeitsbedingungen kaum jemanden interessiert haben, wir spannen Milliarden-Rettungsschirme für Konzerne auf, die doch schon jährlich Milliarden-Gewinne erzielen und wollen Schulen wieder öffnen, damit die Eltern wieder ihren Teil zur Sicherung der Wirtschaft beitragen können.
Das ist Kapitalismus und Rassismus in Reinform. Sie verstecken sich nicht einmal mehr, sie treten offen auf und werden vollkommen unreflektiert willkommen geheißen.
Es gibt Menschen, die das bemerken, die widersprechen und aufbegehren. Diese Menschen gab es schon immer, sie wurden schon immer als Gefahr betrachtet und entsprechend behandelt: Linksextremisten, Linksradikale – so werden sie bezeichnet, um Legitimation zu schaffen für drastisches Vorgehen des Staates und seiner legitimierten Organe. Die Staatsgewalt greift ein, erschwert, unterbindet, bestraft. Der Staat schützt dabei aber nicht sich selbst, er schützt ein Wirtschaftssystem vor denen, die es kritisieren und in etwas anderes transformieren wollen. Unsere Staatsform ist die Demokratie, mit gewählten Vertreter*innen, die die Interessen der Bevölkerung wahren und bestmöglich umsetzen sollen. Die Demokratie ist es nicht, die die Menschen kritisieren und abschaffen wollen. Es besteht also eigentlich kein Grund für den Staat so heftig zu reagieren und Kritik zu unterbinden. Was abgeschafft werden muss, ist ein Wirtschaftssystem, ist der Kapitalismus. Der Staat schützt somit nicht seine Bürger, er schützt den Kapitalismus mit seinen Konzernen und diejenigen, die davon auf Kosten aller anderen und des Planeten profitieren.
Abgesehen von den Gefahren durch den Virus selbst, scheint Corona wie gemacht, um die Abwehrmechanismen des bestehenden Systems noch weiter zu verstärken, die Repressionsmöglichkeiten drastisch zu erweitern und die Staatsgewalt mit vor Kurzem noch undenkbaren Möglichkeiten auszustatten, das (Wirtschafts-) System zu schützen, Kritik zu unterbinden und Kritiker*innen zu überwachen. Während es nachvollziehbar ist, dass große Demonstrationen zurzeit nicht möglich sind, ist aber völlig unverständlich und extrem gefährlich, dass politische Meinungsäußerungen an sich nicht mehr in der Öffentlichkeit geduldet sind. Selbst wenn sich Personen an Abstandsregeln halten, Mundschutz tragen und niemanden gefährden, greift die Polizei teilweise massiv ein. Es ist geradezu absurd, dass es die Polizei selbst ist, die hierbei oft ohne Mundschutz und Abstand in größeren Gruppen agiert, um vermeintlich den Infektionsschutz zu gewährleisten.
Diese Maßnahmen und das Handeln an sich sind beängstigend und schockierend, ebenso aber das laute Schweigen der Mehrheit, welches erst langsam bricht. Wie bereitwillig Menschen in den letzten Wochen die massiven Einschränkungen ihrer Grundrechte nicht nur hingenommen, sondern auch gefordert haben, ist dramatisch. Die Folgen dessen sind es ebenso und sie werden uns „nach Corona“ noch begleiten. Somit werden all diejenigen, die schon lange gegen die zahlreichen großen Probleme, wie z.B. Klimawandel, Rassismus, Rechten Terror, Kapitalismus, Ungleichheit in vielen Bereichen und Repressionen aktiv sind, „nach Corona“ im schlimmsten Fall mit einem weiteren Problem (vermutlich) allein gelassen: Einschränkungen im Demonstrationsrecht und im Bereich der politischen Meinungsäußerung, einhergehend mit nochmals verstärkten Überwachungsmöglichkeiten.
Was braucht es also? Es braucht Vieles! Zunächst Durchhaltevermögen und einen lauten, großflächigen Aufschrei der Bevölkerung angesichts all dessen, was momentan passiert und nicht passiert. Die entstandene und gelebte Solidarität im Kleinen muss anhalten und sich ausdehnen auf die großen Aspekte und über Ländergrenzen und Staatszugehörigkeiten hinaus. Solidarität und entsprechendes Handeln brauchen und verdienen gleichermaßen Menschen auf der Flucht, Menschen, die in ihren Heimatländern unter den furchtbaren Bedingungen ausharren, die wir im globalen Norden für sie schaffen. Solidarität müssen wir Pflegepersonal, Ärzt*innen, Verkäufer*innen, Lehrer*innen…auch nach Corona zeigen, wenn sie wieder für gerechte Löhne und gute Arbeitsbedingungen streiken. Wir müssen solidarisch an der Seite von Menschen weltweit stehen, deren Zuhause bedroht wird, weil Europa Waffen liefert, Kohlekonzerne weiterhin Dörfer, Wälder und Lebensräume für Profite zerstören. Solidarität und Unterstützung muss ganz besonders denjenigen zu Teil werden, die sich überall auf der Welt laut, öffentlich und trotz diverser Gefahren politisch äußern und für Veränderungen kämpfen. Denn Veränderungen sind es, die wir vor allem brauchen. Es sind radikale und große Veränderungen nötig, die sich nicht von alleine ergeben werden, die uns nicht einfach so geschenkt werden. Sie müssen gefordert, erstritten, erkämpft werden und die Zeit dafür beginnt spätestens jetzt.

Polizeigewalt kann jede*n treffen

Polizeigewalt kann jede*n treffen   (16. März 2020)

Heute ist der Internationale Tag gegen Polizeigewalt und wir stellen fest: dieser Tag gewinnt in der öffentlichen Wahrnehmung mehr und mehr an Bedeutung. Die Zahl der Demonstrationen, Mahnwachen und Berichterstattungen zum Thema wächst. Woran liegt das?
Zunächst einmal ist es falsch zu behaupten, Polizeigewalt hat es früher nicht gegeben. Es hat sie immer und überall gegeben. Polizist*innen sind durch Staat und Gesetze legitimiert und mit Instrumenten ausgestattet, Macht auszuüben und zum Schutz der bestehenden Ordnung dafür auch Gewalt anzuwenden. Betroffen waren und sind oft Demonstrationsteilnehmer*innen, Protestierende und Fußballfans, Menschen sogenannter Randgruppen und Minderheiten. Was sich in den letzten Jahren verändert hat, ist die Sichtbarkeit von Polizeigewalt. In Zeiten von Klimakatastrophe, Migrationsbewegungen, explodierenden Mieten, knappem Wohnraum, Kriegen und bewaffneten Auseinandersetzungen rund um den Globus, wachsen die Zahlen der Demonstrationen ebenso wie die der Teilnehmer*innen. Protestformen jenseits einfacher Demonstrationszüge etablieren sich, es kommt zu Besetzungen, Schienen- und Straßenblockaden, Konzerne werden direktes Ziel von Protestierenden, an den Außengrenzen werden wir in Form von Schutz- und Hilfesuchenden mit den Auswirkungen unseres Lebensstils und unserer Politik direkt konfrontiert.
Die Themen, die sich nun in Form von Protest und Widerstand massiv in den Vordergrund drängen, sind genau die, die schon immer heftige Reaktionen seitens des Systems und somit auch seitens der Polizei ausgelöst haben: Kritik an der bestehenden Wirtschaftsordnung des Kapitalismus, Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit, Widerstand gegen Rechts. Es sind jetzt aber nicht mehr sogenannte Minderheiten und Randgruppen, die sich hier Gehör verschaffen und somit leicht als „Linksradikale“, „Linksextreme Gewalttäter“ und „Chaoten“ kriminalisiert und verunglimpft werden konnten. Es sind Schüler*innen, Student*innen, Arbeiter*innen, Anwält*innen, Ärzt*innen, Eltern – kurz: immer größere Teile der Gesellschaft stehen auf und fordern drastische Veränderungen. Es liegt in unserem System selbst begründet, wie seine Reaktionen darauf aussehen. Die bestehende Ordnung muss aufrechterhalten werden und wenn sich das System, dessen Teil die Polizei ist, mehr und mehr Menschen gegenübersieht, wird die Gewalt zunehmend zum Mittel der Abschreckung und Eindämmung.
Eine Studie aus dem Jahr 2019 zeigt erschreckende Zahlen, die Dunkelziffer dürfte aber noch weitaus dramatischer sein. 3375 Fälle von Polizeigewalt wurden untersucht. Stöße, Schlagstockeinsatz, Schmerzgriffe und Pfefferspray sind die häufigsten Formen der Gewalt, die bei 19 % der Betroffenen zu schweren Verletzungen wie Knochenbrüchen, Kopfverletzungen und inneren Verletzungen führten. Weitgehend noch immer völlig unbeachtet sind die psychischen Folgen für die Betroffenen, die langwierig und schwerwiegend sein können.
Ganz besonders im Fokus stehen dabei die Aktivist*innen der Klimagerechtigkeitsbewegung, die aufgrund ihrer großen Zahl und der vielen Aktionen häufig in Kontakt mit der Polizei kommen. Die brutalen Bilder aus Wien, wo ein Mensch mit dem Kopf unter ein losfahrendes Polizeifahrzeug gelegt wurde, sind da nur ein Beispiel von vielen. Es arbeiten inzwischen ganze Ermittlungsausschüsse mit spezialisierten Anwält*innen quasi dauerhaft im Hintergrund, um Aktivist*innen zu schützen, zu beraten und in Prozessen zur Seite zu stehen.
Dadurch gelingt es langsam, dass immer mehr Betroffene Polizeigewalt zur Anzeige bringen, wenn gleich u.a. die Angst vor weiteren Repressionen viele diesen Schritt noch immer nicht gehen lässt. Zudem sind die Erfolgsaussichten gering, auch das belegt die Studie. Täter sind oft nicht identifizierbar, Ermittlungen in den eigenen Reihen verlaufen im Sand, die Einstellungsquote liegt bei 93 %.
Auch bei Einsätzen abseits von Demonstrationen kommt es immer wieder zu Gewalt und sogar Todesfällen. Bei einem Zwischenfall in einer Wohnung in Berlin fallen im Januar tödliche Schüsse. Dabei handelt es sich nicht um einen Einzelfall. Im gezeigten Beispiel war die betroffene Person psychisch krank. Die Polizei ist nicht vorbereitet auf den Umgang mit solchen Menschen, so dass Situationen schnell und dramatisch eskalieren. Polizeieinsätze in Wohnungen sind aber sicher in jedem Fall mit erhöhtem Gefahrenpotential verbunden: enge und oft sowieso schon emotional aufgeladene Situationen sind nicht der Ort für bewaffnete Polizeieinheiten.
Unvergessen ebenfalls die mutmaßliche Ermordung von Oury Jalloh, der 2005 in Polizeigewahrsam starb. Eine Aufarbeitung und genaue Aufklärung der Umstände lässt bis heute trotz mehrerer Ermittlungsverfahren auf sich warten.
Die Informationen zu Gewaltexzessen von Polizist*innen aus allen Teilen der Welt reißen momentan nicht mehr ab. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir uns innerhalb von Europa umschauen oder den Blick in andere Teile der Welt richten. Die Bilder gleichen sich, die Hintergründe tun es ebenfalls. In Chile kommt der Widerstand gegen soziale Ungleichheit, Korruption und für eine Verfassungsreform, sowie eine tiefgreifende Reform des Wirtschaftssystems nicht zum Erliegen. Während es 2011 – 2012 vornehmlich Schüler*innen und Student*innen waren, wird dieser Protest inzwischen von der breiten Bevölkerung getragen. Der Staat reagiert mit brutaler Gewalt, die auch Journalist*innen und Helfer*innen trifft.
In Frankreich brennen seit Monaten Straßenbarrikaden und die Zahl derer, die gegen Macron und seine Reformen aktiv Widerstand leisten, steigt. Auch hier gelingt es trotz massiver Polizeigewalt nicht, die Proteste einzuschränken.
Wir können hier nur einzelne Beispiele aufgreifen, die Liste der Vorfälle scheint endlos. Sich damit auseinanderzusetzen kann einschüchternd sein, sollte aber trotzdem ebenso etwas anderes deutlich machen, was uns doch Mut geben sollte: Polizeigewalt gelingt es nicht mehr, die vielfältigen Stimmen des Widerstands verstummen zu lassen. Im Gegenteil, jedes neue Video, jeder neue Bericht scheint weitere Proteste auszulösen, mehr Menschen auf die Straßen zu holen, die Themen nur umso präsenter zu machen und den Druck auf die Verantwortlichen zu erhöhen.
Was können wir tun, wenn wir direkt oder indirekt von Polizeigewalt betroffen sind?
Es ist wichtig, nicht wegzuschauen und nicht zu schweigen. Dokumentiert die Vorfälle, lasst Betroffene nicht allein, zeigt die Vorfälle an, macht sie öffentlich. Die Antwort, die in all den aktuellen Krisen immer eine ganz wichtige ist, ist Solidarität! Helft Betroffenen während, aber auch nach der Gewalterfahrung, haltet zusammen und bildet eine gemeinsame, laute Stimme. Wir stellen uns alle solidarisch an die Seite derer, die betroffen sind. Lasst uns den Opfern eine Stimme geben, denn Polizeigewalt kann jede*n treffen.

 

 

Kapitalismuskritik vs. Staatsgefährdung

Kapitalismuskritik vs. Staatsgefährdung  (12. Januar 2020)

 
Geld regiert die Welt – jede*r hat diesen Satz schon gehört und inzwischen wird mehr und mehr Menschen klar, wieviel Wahrheit in diesem Satz steckt und wieviel Gefahr in dieser Wahrheit steckt.
Geld regiert die Welt – genau das ist es, was Kapitalismus bedeutet. Kapitalismus ist eine Form der Wirtschaft und Gesellschaft auf der Grundlage des freien Wettbewerbs und des Strebens nach Kapitalbesitz des Einzelnen. Diese Wirtschaftsform beruht auf Privateigentum an den Produktionsmitteln und einer Steuerung von Produktion und Konsum über den Markt. Hauptmerkmale und Leitprinzipien des Kapitalismus sind die Akkumulation ( = die durch Reinvestition des auf dem Markt realisierten Mehrwerts vorangetriebene Erweiterung des Kapitals), freie Lohnarbeit und das Streben nach Gewinn im kontinuierlichen, rationalen kapitalistischen Betrieb.
Was bedeutet Kapital? Unter Kapital wird in diesem Zusammenhang einerseits der Bestand an Produktionsmitteln verstanden, der zur Güter- und Dienstleistungsproduktion und damit der Erwirtschaftung von Gewinnen eingesetzt werden kann. Andererseits versteht man unter Kapital eine größere (von einer bestimmten Stelle stammende, für einen bestimmten Zweck vorgesehene) Summe Geld.
So trocken und theoretisch die Auseinandersetzung mit diesen Begrifflichkeiten ist, so wichtig ist sie. Wir müssen wissen, in welcher Realität wir leben, was hinter Begriffen steckt und warum der Kapitalismus das Problem ist, welches unlösbar ist, so lange wir nicht denken und aussprechen (dürfen), dass wir ihn abschaffen müssen. Der Kapitalismus beinhaltet keine Probleme, die wir durch einzelne Anpassungen und Veränderungen lösen können. Der Kapitalismus ist das Problem, welches in sich selbst nicht gelöst werden kann. Genau aus diesem Grund ist der „grüne Kapitalismus“ nichts weiter als ein Märchen, und zwar ein düsteres. Es spielt im Kampf um Klimagerechtigkeit keine Rolle, wenn Autos auf unseren Straßen kein CO2 mehr ausstoßen, wenn für die Produktion der Elektroautos aber weiterhin Natur zerstört und Lebensraum vernichtet wird, Menschen und Tiere ausgebeutet, vertrieben und getötet werden. Grüner Kapitalismus ist noch immer Kapitalismus und wir dürfen diesem nur scheinbar verheißungsvollen Lügenmärchen keinen Raum geben.
Wir alle, die wir auf diesem Planten leben, Menschen, Tiere, Natur, unser Planet selbst, wir alle haben also ein gewaltiges Problem, welches uns und unseren Planeten wortwörtlich auffrisst. Wir vernichten uns gerade selbst, wir wissen es und wir hören doch nicht damit auf – weil es der Kapitalismus nicht vorsieht. Von außen betrachtet, müssen wir ziemlich dumm und idiotisch aussehen, ein tragisches Bild, welches den Mythos des „Menschen als Krönung der Schöpfung“ mehr als nur lächerlich und unglaubwürdig erscheinen lässt.
Langsam, aber sicher erkennen mehr und mehr von uns diese Absurdität und dieses Problem. Und als ob wir in Anbetracht seiner Größe, Dramatik und Komplexität nicht schon genug Aufgaben vor uns hätten, stehen wir vor einem weiteren, nicht minder gefährlichen: der Kapitalismus schützt sich selbst.
Die von uns, die seine Abschaffung fordern und einen Systemwandel anstreben, gelten als linksextrem, unsere Ansichten und Forderungen werden als staatsgefährdend eingestuft. Staatsgefährdend – welch ein schwerwiegender und (angesichts der drohenden Repressionen) einschüchternder Vorwurf.
Allerdings wird dadurch nur umso offensichtlicher, wie weit der Einfluss des Kapitalismus reicht, wie eng die Verbindungen von Staat und Wirtschaft sind.
Unsere Staatsform ist die Demokratie, nicht der Kapitalismus! Wir fordern die Abschaffung einer Wirtschaftsordnung. Wie kann es sein, dass wir deshalb als Staatsgefährder bezeichnet und behandelt werden?
Eine Demokratie ist ein politisches Prinzip, nach dem das Volk durch freie Wahlen an der Machtausübung im Staat teilhat. Zu den Prinzipien der Demokratie gehört die freie Meinungsäußerung. Eine Demokratie ist ein Regierungssystem, in dem die vom Volk gewählten Vertreter die Herrschaft ausüben, in dem Macht und Regierung somit vom Volk ausgehen, welches entweder unmittelbar oder durch Auswahl entscheidungstragender Repräsentanten an allen Entscheidungen, die die Allgemeinheit verbindlich betreffen, beteiligt wird.
Der Kapitalismus wird im Rahmen der Definition von Demokratie nirgendwo erwähnt. Er ist kein essenzieller Bestandteil, geschweige denn eine Voraussetzung oder Notwendigkeit für Demokratie. Demokratie zeichnet sich durch das Recht auf freie Meinungsäußerung aus. Diejenigen, die ihre Meinung frei äußern und die Abschaffung des Kapitalismus fordern (und dies sehr gut begründen können), verhalten sich also sehr demokratisch. Das gilt ebenso für die Millionen Menschen weltweit, die auf Straßen, in Kohlegruben und Wäldern, auf Schienen und vor Konzernzentralen ihr Recht einfordern, an Entscheidungen beteiligt zu werden, die darauf bestehen, dass Macht und Regierung vom Volk und nicht von Konzernen und Kapital ausgehen. Wir handeln also im besten Sinne demokratisch, weil wir Demokratie leben, die Einhaltung ihrer Prinzipien einfordern und uns sicher auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen.
Die von uns gewählten Vertreter und die inzwischen riesigen, in ihren Interessen und Verwicklungen undurchsichtigen Konzerne sind in zu vielen Fällen diejenigen, die staats-, weil demokratiegefährdend handeln. Ganz zu schweigen davon, dass wir uns über Demokratie und Staat keine Gedanken mehr machen müssen, wenn unsere Lebensgrundlagen zerstört sind und unser Überleben dadurch unmöglich geworden ist, wenn es zunehmend zu Kämpfen um immer knapper werdende Ressourcen kommt.
In einer Demokratie geht alle Macht vom Volk aus. Welch ein gewaltiger Satz.
Wir wählen diejenigen, die in unserem Interesse handeln sollen. Wir können sie wieder abwählen, ihnen unsere Unterstützung entziehen und verweigern. Dieser Macht müssen wir uns wieder bewusst werden, wir müssen sie einfordern und einsetzen. Viele der von uns gewählten Vertreter*innen handeln schon lange nicht mehr in unserem Interesse. Sie handeln in ihrem eigenen und in dem von Konzernen und deren Streben nach Profit. Sie handeln im Interesse des Kapitalismus, nicht im Interesse der Demokratie.
Es ist wichtig und dringend notwendig, dass immer mehr Menschen den Mut finden, ihre Meinung auszusprechen, die Abschaffung eines fehlgeschlagenen Wirtschaftssystems fordern und sich trauen, darüber nachzudenken und zu diskutieren, wie es anders gehen kann. Es ist ebenso erforderlich, dass Menschen Widerstand leisten gegen den Kapitalismus, seine Interessen und Vertreter*innen. Diejenigen unter uns, die sich das schon jetzt trauen, haben somit eine weitere wesentliche Aufgabe: Empowerment – Ermächtigung, Stärkung, Befähigung von vielen weiteren Menschen, denn wir müssen mehr werden. Nicht nur auf Seiten der Klimakatastrophe gibt es Kipppunkte. Es gibt sie ebenfalls auf unserer Seite und wir müssen sie erreichen.
Deshalb müssen wir informieren, Aufklärungsarbeit leisten, Mut zusprechen und selbst mutig vorangehen, auch wenn das bedeutet, Repressionen auf uns zu nehmen. Wir müssen weiter Wälder besetzen, Kohleinfrastruktur blockieren und uns Konzernen widersetzen. Wir müssen den Hambacher Forst und die Dörfer am Rande von Kohlegruben retten, Datteln 4 darf ebenso wenig ans Netz gehen, wie Adanis neue Kohlemine Wirklichkeit werden darf. Es gibt sie, die großen, wichtigen Symbole und wenn wir bei diesen erfolgreich sind, werden weitreichende Konsequenzen folgen, weil wir „unsere“ Kipppunkte erreichen.
Der Weg dahin mag uns manchmal zu lang, zu schwer und zu gefährlich erscheinen und vielleicht auch sein. Gehen müssen wir ihn trotzdem. Dabei sollten wir uns auf etwas verlassen, was gleichermaßen an Einfluss und Gewicht gewinnt: Solidarität. Der Begriff beschreibt eine Zusammengehörigkeit, eine starke Verbundenheit, wodurch sich eine Gemeinschaft bildet. Das Gefühl der Solidarität vermittelt eine Sicherheit und eine Stärke, die es leichter macht, sich auf den anderen zu verlassen, seine Meinung zu teilen und zu vertreten. Es gibt Faktoren, die Solidarität begünstigen: Glaubwürdigkeit, Loyalität, gemeinsame Werte. Die gemeinsamen Werte und unsere Wertvorstellungen sind außerdem unser bester Schutz gegen rechtes Gedankengut, gegen Rechtsextreme und Nazis, die wir unmissverständlich ausgrenzen müssen.

“Ich war Extinction Rebellion”…

“Ich war Extinction Rebellion”…      (8.Oktober 2019)

…jetzt bin ich skeptisch.
Nun läuft sie also die Rebellion Week, u.a. in Berlin. Ich habe mir in den letzten Wochen den Kopf über Extinction Rebellion zerbrochen. Ich bin noch immer nicht fertig damit und genau das ist auch der Grund warum sie läuft, die Rebellion Week, während ich zu Hause bin und mich nun entschieden habe, auch noch einen Beitrag zu diesem viel diskutierten Thema zu schreiben.
Ich habe mir eine Ortsgruppe gewünscht, denn ich habe mich fesseln und begeistern lassen, von den Bildern aus London und mehr und mehr Städten überall auf der Welt: bunt, ungehorsam, fröhlich, auffallend, störend. Wie mir ging und geht es vielen, das merkte ich auch im Prozeß der Gründung unserer Ortsgruppe: zum Plenum kommen viele Menschen, immer wieder gibt es Anfragen, jede*r scheint wie elektrisiert auf Extinction Rebellion zu warten. Die Arbeit, die im Aufbau einer Ortsgruppe und der Planung und Vorbereitung einer Aktion steckt, möchten aber zu oft nur wenige aktiv in Angriff nehmen. Das war einer der ersten Punkte, der mir den Spaß an der Rebellion etwas trübte. Während ich also – teils gezwungenermaßen, teils aus Notwendigkeit – tiefer in die nationalen Strukturen einstieg, kam ich sehr schnell an den Punkt, an dem das Grübeln und Zweifeln begann. Während ich anfangs nur den Zivilen Ungehorsam sah (eine Aktionsform, die ich sehr schätze) und die Idee, diesen in die Städte zu tragen, logisch, konsequent und gut fand (und auch nach wie vor finde), verstand ich die seitens anderer Gruppen mehr und mehr geäußerte Kritik an XR nur bedingt. Das änderte sich! Die Kritik von Gruppen wie Ende Gelände ist ebenso gerechtfertigt und nachvollziehbar wie die, aus dem Hambacher Forst und von zahlreichen einzelnen Aktivisten*innen. XR positionierte sich diesen Menschen gegenüber sehr überheblich und abgrenzend, distanzierte sich, statt die Kraft der Klimagerechtigkeitsbewegung durch Solidarisierung weiter zu stärken. Oft waren es unglückliche Formulierungen, aber oft steckt der Fehler eben doch im System: keine konkreten Forderungen und Vorschläge, absolute Anschlußfähigkeit in alle Richtungen, die Entstehung, die eigentlich keine ist, sondern einer bis ins kleinste Detail strategisch geplanten Operation gleicht, die im Hintergrund involvierten Firmen, Organisationen, der Gründer selbst, fehlende Systemkritik…Die Liste der Kritikpunkte wurde in den letzten Tagen und Wochen oft diskutiert. Dann kam Hamburg und es geschah “Sitzenbleiben”, die merkwürdige Umfrage im Vorfeld der Rebellion Week schloß sich nahtlos an. Es gab Entschuldigungen, Erklärungen, auf Kritik wurde reagiert, Dinge korrigiert, aber meine Distanziertheit ist geblieben. Den einzelnen Ortsgruppen mag man mit all der Kritik vermutlich oft Unrecht tun, denn dort sammeln sich motivierte Menschen, die das Richtige tun wollen. Aber das Bündnis selbst ist momentan keines, mit dem ich mich uneingeschränkt identifizieren, dem ich mich bedenkenlos anschließen und mit dem ich ruhigen Gewissens in den Zivilen Ungehorsam gehen kann. Und während ich aufgrund meiner Ende Gelände-Erfahrungen auf mein Bauchgefühl vertrauen kann, weiß ich, dass vielen dieses Bauchgefühl fehlt und hier eröffnet sich ein weiterer großer Kritikpunkt: XR zieht momentan unfassbar viele Menschen an, Menschen, ohne jegliche Erfahrung mit politischem Protest, mit Zivilem Ungehorsam und Polizeikontakt. Menschen, die von all den Bildern und Videos angezogen werden und nun auch Teil dieser Bewegung, dieses Kampfes für das Gute und Richtige sein wollen und das bei XR im Prinzip sofort in die Tat umsetzen können. Aktionstrainings können diesen Menschen kurz vor Blockadeaktionen verpasst werden, aber es fehlt die Zeit, damit sich jede*r Einzelne wirklich mit der Organisation selbst, der Kritik, den Strukturen und Hintergründen auseinandersetzen kann. Es gibt oft keinen Gruppenfindungsprozeß, kein Ankommen in einer Ortsgruppe, in der man seinen Platz findet, die Menschen kennenlernt, Dinge und Vorgehensweisen hinterfragt, lernt und wächst, ehe man in eine Aktion geht. XR ist sofortige Aktion und das ist eben auch gefährlich. Ich wünsche den Menschen, die momentan in Berlin und anderen Städten auf der Straße sind viel Erfolg und ich hoffe, für keine*n kommt das böse Erwachen, wenn aus den bunten, fröhlichen Bildern und utopischen Herangehensweisen auf einmal eine handgreifliche Räumung wird oder in ein paar Wochen Briefe von Polizei und Staatsanwaltschaften zu Hause ankommen. Ich freue mich, wenn Menschen, Regierungen und Städte wachgerüttelt, gestört und zum Handeln gezwungen werden, aber ich habe meine Zweifel. Und abgesehen von all dem bleibt eine Frage, auf die ich keine Antwort finde: was dann? Was bleibt nach den Blockaden, wenn es keine konkreten Forderungen gibt, an denen man sich abarbeiten, die man diskutieren, an und für deren Umsetzung man arbeiten kann?
Ich habe den Hambi gesehen und es war Liebe auf den 1. Blick – zum Wald, den Menschen, dem Kampf, der dort vielfältig geführt wird. Ich wollte Teil davon sein und helfen, damit all das erhalten bleibt. Daran gab es keine Sekunde den geringsten Zweifel, das ist bis heute so.
Ich habe Ende Gelände kennengelernt und es war Liebe auf den 1. Blick – zum Bündnis, den Ideen und Zielen,

Thüngersheim – auch ein Schauplatz der Klimakrise

Thüngersheim – auch ein Schauplatz der Klimakrise       (Juli 2019)
 
 
Die Gruppe keinhamehr aus Würzburg hat sich vor gut einem Jahr gegründet, um ca. 10 ha Wald vor der Rodung für eine Steinbrucherweiterung zu retten. Inzwischen sind weitere Projekte hinzugekommen, aber der Wald in Thüngersheim muss noch immer vor der Zerstörung bewahrt werden. Ob uns das zumindest in Teilen gelingt, steht in den Sternen, für Verzögerungen und Aufmerksamkeit haben wir gesorgt und jetzt, nach der Ende Gelände – Aktion 2019, sind wir motiviert & rebellisch zurück, um lokal wieder mit unserer ganzen Kraft weiterzumachen.
Hier unser heutiges Statement:
 
Hohe Waldbrandgefahr in Nordbayern aufgrund der lang anhaltenden Hitze und Trockenheit: fast Flächendeckend wird die höchste Gefahrenstufe ausgerufen. Der Alarmplan für Gewässerökologie tritt in Kraft. Die Wassertemperatur des Mains erreicht zunehmend ein kritisches Niveau, der Sauerstoffgehalt sinkt zunehmend, die im Wasser lebenden Tiere sind gefährdet. Unterfranken kämpft mit einem Extremwetterphänomen. Gleichzeitig werden Klimakrise und Umweltzerstörung weiter vorangetrieben. Die Firma Benkert bereitet sich auf weitere Rodungen in Thüngersheim vor. Mit Beginn der Rodungssaison im Oktober sollen dort rund 4 Hektar Wald dem Steinbruch weichen. Im vergangenen Jahr sind bereits 5,86 ha gerodet worden.
Der vorläufige Rodungsstopp vom letzten Herbst ist beendet. Mittlerweile hat die Firma Benkert genügend Ausgleichsflächen, um weiter roden zu können. Obwohl sich die Gemeinde Waldbüttelbrunn gegen eine Vergabe von Aufforstungsflächen auf ihrer Gemarkung gewehrt hat, entschied das Landratsamt, das Votum der Gemeinde zu überstimmen und den Bürger*innen von Waldbüttelbrunn und Thüngersheim die Genehmigung aufzuzwingen.
Die rund 10 Hektar Wald, die in Thüngersheim gerodet werden, sind in 14 einzelne Aufforstungsflächen aufgesplittert worden, davon die Hälfte unter 0,1 ha – die kleinste 0,08 ha, das sind 20×40 Meter. Von der Behörde gibt es keine konkrete Mindestgröße für Aufforstungsflächen. Auf eine Anfrage hin erhielten wir die Antwort, “es müsse nur ein Wald-charakterstisches Klima entstehen können” – was das genau heißen soll, bleibt unklar. Letztendlich werden hier und da ein paar Bäume gepflanzt. Bei der durchgängigen Trockenheit ist eine Neuanpflanzung unmöglich, eine Bewässerung der Baumsätzlinge sehen die Auflagen nicht vor und wird daher nicht vorgenommen. Das heißt: einen Ausgleich für den gerodeten Wald werden wir nicht bekommen. 10 Hektar Wald werden uns gewaltsam entrissen und die Verantwortlichen verstecken sich hinter Gesetzen und Paragraphen.
Es geht in Thüngersheim nicht nur um die Klimarelevanz des Waldes, den zerstörten Lebensraum und die enteigneten Bürger*innen. Es geht um einen grundsätzlichen Umgang mit der Natur, von der wir stärker abhängen, als die meisten zugeben wollen. Es geht um ein System, das den wirtschaftlichen Interessen den roten Teppich ausrollt und dabei die Bürger*innen und selbst demokratisch gewählte Vertreter*innen vor den Kopf stößt. Es ist ein System, in dem man mit legalen Mitteln schnell an die Grenzen stößt und bei Regelübertritten für eine richtige Sache angeklagt und verurteilt wird. Der Kampf in Thüngersheim ist mehr als der Kampf um ein Stück Wald. Es ist eine Konfrontation mit dem kapitalistischen System, das Umweltzerstörung und Klimakrise für seine Zwecke billigend in Kauf nimmt.
Deshalb wird der Protest weitergehen. Wenn die Rodungsaison beginnt, kämpfen wir nicht nur für den Erhalt des Waldes, sondern auch für ein klimagerechtes System.

Ende Gelände – Eine große Liebe

Ende Gelände – Eine große Liebe                        (28.6.2019)

Ja, ich liebe Ende Gelände und war dabei, als sich meine Ortsgruppe gründete. Obwohl ich manchmal nicht weiß, wo mir vor lauter Arbeit und Aktivismus der Kopf steht, kann ich es kaum erwarten, bis endlich auch Extinction Rebellion hier bei mir am Start ist. Ich bin lokal engagiert, aber auch außerhalb meines „Einzugsgebietes“. Trotzdem bin ich oft frustriert, ich bin sauer, weil ich in jeder Nachrichtensendung täglich mit einer Sache konfrontiert werde: es wird an den entscheidenden Stellen nicht gehandelt. Jeder Tag verstreicht und es passiert nichts. Was ist los mit all denen, die an den „Hebeln der Macht“ sitzen, die es in der Hand haben, den großen Wurf zu landen, große Schritte zu gehen und große Veränderungen auf den Weg zu bringen? Was zum Teufel läuft falsch bei euch, dass ihr uns zustimmt, viele Worte verschwendet, die toll klingen und anfangs auch Anlass zur Freude waren, Hoffnung gaben, weil man euch glaubte & davon ausgegangen ist, dass ihr verstanden habt und handelt, weil alles andere idiotisch und geradezu selbstzerstörerisch ist. Inzwischen will ich nichts mehr hören, kein Lob mehr, keine Zustimmung, keine leeren Versprechungen. Behaltet euren Scheiß für euch! Ich glaube euch kein Wort mehr! Wir alle, die wir demonstrieren, laut werden, aktiv werden, zivilen Ungehorsam begehen, sogar zu Straftätern werden – wir glauben euch nicht mehr! Euer Nichtstun, eure leeren Versprechungen, eure gebrochenen Verträge und Abkommen, überschrittenen Grenzwerte und Lippenbekenntisse radikalisieren mich!
Ihr – unsere gewählten Vertreter, die Unternehmensbosse, die unter euch, die uns auf Demonstrationen vom Rand aus beschimpfen oder applaudieren, alle, die auf den diversen social media – Kanälen Lügen verbreiten, uns diskreditieren, verhöhnen, bedrohen – ihr alle radikalisiert mich und all jene, die sich engagieren. Und genau deshalb liebe ich Ende Gelände und alle Gruppen, die handeln! Es steht in den Sternen, ob wir gewinnen, aber wir versuchen es verdammt nochmal! Je frustrierter ich bin, je näher dran am Aussteigen oder Ausrasten, am Aufgeben und Verzweifeln, desto dankbarer bin ich für meine Ortsgruppe, für die Aktivisten hier in meinem Umfeld und überall auf der Welt. Ohne euch wäre ich schon längst durchgedreht! Ich kann nicht abstreiten, dass es an manchen Tagen mehr als (im negativen Sinne) überwältigend ist, politisch aktiv zu sein, denn einmal angefangen ist es, als hätte man die Büchse der Pandora geöffnet, man wird überhäuft mit schlechten Nachrichten, mit Anfragen, ob man hier oder dort „etwas tun kann“. Für jedes Projekt, dem man sich annimmt, kommen 27 weitere hinzu und man muss sich ganz schnell eingestehen, dass man es nicht schaffen kann, dass es unmöglich ist. Aber aufgeben ist innerhalb einer Gruppe, die sich einem Ziel verschieben hat, keine Option! Und so ist es egal, ob man mit 20 Leuten für einen lokalen Wald demonstriert, mit 4 Leuten ein Banner aufhängt, zu 6. ein Plenum abhält oder mit 6000 Leuten Kohleinfrastruktur lahmlegt – man geht raus und tut es und man fühlt sich gut dabei, weil es sein muss, um nicht auszurasten, um die Welt zu retten oder zumindest nicht kampflos unterzugehen. Danke, Ende Gelände! Danke an all die anderen großen und kleinen Gruppen, die sich gefunden haben und noch finden. Danke, dass es euch gibt! Es ist egal, ob ihr auf die Straßen geht, Petitionen startet, Gemeinderäte und Stadträte besucht, Baumhäuser baut, Bagger besetzt oder auf andere Art dem System der Nichtstuer den Mittelfinger zeigt! Hauptsache, ihr tut es!
An alle unter euch, die noch überlegen, die sich alleine, überfordert und machtlos fühlen: seid wütend und sucht eure lokale Aktivistengruppe! Ihr werdet eine finden! Habt keine Angst, geht hin, sagt „hallo“ und macht mit! Seid meinetwegen wütend und frustriert, aber nutzt diese Emotionen! Es mag abgedroschen klingen, aber es stimmt: in der Gruppe ist man weniger allein und Aktivismus wirkt: im Großen, wenn Bagger stoppen und im Kleinen, wenn man nachts zumindest hin und wieder schlafen kann.