Statement von Ecodefense

Die Aktivist*innen von Ecodefense in Rußland haben ein Statemetn veröffentlicht, welches die dramatische Situation in Rußland verdeutlicht, wo u.a. die Steinkohle gewonnen wird, die Datteln4 verfeuert. Die Menschen gehen im Rahmen ihres Widerstandes hohe Risiken ein, denn die politische Situation in Rußland führt auch immer wieder zu Angriffen auf und Morden an Aktivist*innen. Eine Vertreterin von Ecodefense war im Februar vor Ort, als Ende Gelände das Kraftwerk Datteln4 blockierte. Jetzt ist es Zeit, dass wir alle ihr aufrüttelndes Statement teilen, lesen und dann einsteigen in den Kampf gegen Kohle und Atomkraft weltweit! Deshalb hier & heute kein Beitrag von mir, sondern die Worte der russischen Aktivist*innen.

Liebe Freund*innen und Mitstreiter*innen,
herzliche Grüße aus Russland, wo die Grenzen wegen der Corona-Pandemie geschlossen wurden und Putin Druck macht, die Verfassung so zu ändern, dass er unbefristet an der Macht bleiben kann. In diesen schweren Pandemie-Zeiten versuchen viele dreckige Industrien die Situation zu ihrem Vorteil auszunutzen. Der Urananreicherer Urenco z. B. schickt Atommüll von Gronau nach Russland, weil die hiesige Atomindustrie den Atommüll aus kommerziellen Gründen gerne annimmt. Aufgrund der aktuellen Beschränkungen durch die russische Regierung – wir dürfen weder die Wohnung verlassen noch auf der Straße demonstrieren – profititiert die Atomindustrie von protestfreien Atomtransporten. Das hatten sie sich immer erhofft.
Urenco profitiert auch von der Pandemie, weil sie ihren gefährlichen Atommüll extrem einfach loswerden, indem sie alle drei bis vier Wochen Atomtransporte auf die Reise schicken. Während die Menschen sehr strikte Beschränkungen akzeptieren müssen, genießt die Atomindustrie unbegrenzte Freiheiten. Dazu zählt die “Freiheit”, atomare Probleme für zukünftige Generationen zu schaffen. Das Verschiffen von Atommüll nach Russland während der Pandemie ist nur ein weiteres Beispiel dafür, wie zynisch und unmenschlich die Atomindustrie agiert. Jeglicher Transport von Atommüll muss sofort gestoppt werden! Urenco sollte gezwungen werden, selbst Verantwortung für den eigenen Atommüll zu übernehmen!
Eine weitere federführende Todesindustrie ist die Kohleindustrie. Auch sie genießt in Russland große Freiheiten. Sie verheizt nicht nur das Klima dieser Erde, sie verheizt auch wortwörtlich die Zukunft von unserer und der nächsten Generationen auf diesem Planeten. Die Inbetriebnahme von Datteln IV bedeutet einen weiteren Schritt auf dem Weg zur globalen Klimakatastrophe. Hier geht es nicht nur um die deutsche Energiepolitik, hier geht es auch um die russische Kohle-Industrie. Beide sind dafür verantwortlich, dass sich die Chancen auf ein Überleben der Menschheit verringern, weil sich der Klimawandel beschleunigt.
Die Unverantwortlichkeit der russischen Atomindustrie kann mit der der Kohle-Industrie verglichen werden. Beide schaffen äußerst gravierende Konsequenzen für die Umwelt. Kohle zerstört nicht nur unsere Zukunft, sie zerstört aktuell auch die Häuser und die Heimat der Menschen in Sibirien. Die Luft im Kuzbass, der wichtigsten russischen Bergbau-Region, ist so vergiftet, dass die Menschen dort an Krebs erkranken, nur weil sie normal atmen. Das Wasser der Flüsse ist schwarz, Babies werden mit tödlichen Krankheiten geboren. Und diese Katastrophe wird größer mit der Realisierung jedes neuen Kohle-Kraftwerks wie das in Datteln. Denn Datteln IV bekommt auch Kohle-Lieferungen aus Sibirien!
Wir sprechen heute zu euch, weil es immer noch eine Chance gibt, diese Zerstörungen aufzuhalten und ein besseres Leben zu erkämpfen – ungeachtet der tödlichen Umweltzerstörung und ungeachtet der Corona-Beschränkungen. Wir können die Zerstörungen stoppen, wenn wir international zusammenarbeiten und uns dabei an einem sehr einfachen Prinzip orientieren: Kohle und Atom müssen für immer der Vergangenheit angehören – die Zeit ist schon lange reif für erneuerbare Technologien. Dies ist der einzige Weg in die Zukunft!
Wir richten uns heute auch direkt an die Bundesumweltministerin Svenja Schulze: Sie sind als Ministerin der Bundesregierung verantwortlich für die Genehmigung der Uranmüllexporte von Gronau nach Russland sowie für die Inbetriebnahme von Datteln IV. Damit sind Sie auch für den Import der russischen Kohle nach Deutschland mitverantwortlich. Wir wissen, dass Ihnen die
brandgefährlichen Konsequenzen dieser Entscheidungen für die Menschen und das weltweite Klima bewusst sind. Welche Beweggründe auch immer zu Ihren Entscheidungen geführt haben, wir fordern Sie eindringlich auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Export des Uranmülls von Gronau nach Russland genauso zu stoppen wie den Weiterbetrieb von Datteln IV. Für die Zukunft der Erde und der Menschheit muss dies sofort geschehen!
Herzlichen Dank und solidarische Grüße
Alexandra Koroleva und Vladimir Slivyak – Co-Vorsitzende der russischen Umweltorganisation Ecodefense
Moskau, 7. Juni 2020