Thüngersheim – auch ein Schauplatz der Klimakrise

Thüngersheim – auch ein Schauplatz der Klimakrise       (Juli 2019)
 
 
Die Gruppe keinhamehr aus Würzburg hat sich vor gut einem Jahr gegründet, um ca. 10 ha Wald vor der Rodung für eine Steinbrucherweiterung zu retten. Inzwischen sind weitere Projekte hinzugekommen, aber der Wald in Thüngersheim muss noch immer vor der Zerstörung bewahrt werden. Ob uns das zumindest in Teilen gelingt, steht in den Sternen, für Verzögerungen und Aufmerksamkeit haben wir gesorgt und jetzt, nach der Ende Gelände – Aktion 2019, sind wir motiviert & rebellisch zurück, um lokal wieder mit unserer ganzen Kraft weiterzumachen.
Hier unser heutiges Statement:
 
Hohe Waldbrandgefahr in Nordbayern aufgrund der lang anhaltenden Hitze und Trockenheit: fast Flächendeckend wird die höchste Gefahrenstufe ausgerufen. Der Alarmplan für Gewässerökologie tritt in Kraft. Die Wassertemperatur des Mains erreicht zunehmend ein kritisches Niveau, der Sauerstoffgehalt sinkt zunehmend, die im Wasser lebenden Tiere sind gefährdet. Unterfranken kämpft mit einem Extremwetterphänomen. Gleichzeitig werden Klimakrise und Umweltzerstörung weiter vorangetrieben. Die Firma Benkert bereitet sich auf weitere Rodungen in Thüngersheim vor. Mit Beginn der Rodungssaison im Oktober sollen dort rund 4 Hektar Wald dem Steinbruch weichen. Im vergangenen Jahr sind bereits 5,86 ha gerodet worden.
Der vorläufige Rodungsstopp vom letzten Herbst ist beendet. Mittlerweile hat die Firma Benkert genügend Ausgleichsflächen, um weiter roden zu können. Obwohl sich die Gemeinde Waldbüttelbrunn gegen eine Vergabe von Aufforstungsflächen auf ihrer Gemarkung gewehrt hat, entschied das Landratsamt, das Votum der Gemeinde zu überstimmen und den Bürger*innen von Waldbüttelbrunn und Thüngersheim die Genehmigung aufzuzwingen.
Die rund 10 Hektar Wald, die in Thüngersheim gerodet werden, sind in 14 einzelne Aufforstungsflächen aufgesplittert worden, davon die Hälfte unter 0,1 ha – die kleinste 0,08 ha, das sind 20×40 Meter. Von der Behörde gibt es keine konkrete Mindestgröße für Aufforstungsflächen. Auf eine Anfrage hin erhielten wir die Antwort, “es müsse nur ein Wald-charakterstisches Klima entstehen können” – was das genau heißen soll, bleibt unklar. Letztendlich werden hier und da ein paar Bäume gepflanzt. Bei der durchgängigen Trockenheit ist eine Neuanpflanzung unmöglich, eine Bewässerung der Baumsätzlinge sehen die Auflagen nicht vor und wird daher nicht vorgenommen. Das heißt: einen Ausgleich für den gerodeten Wald werden wir nicht bekommen. 10 Hektar Wald werden uns gewaltsam entrissen und die Verantwortlichen verstecken sich hinter Gesetzen und Paragraphen.
Es geht in Thüngersheim nicht nur um die Klimarelevanz des Waldes, den zerstörten Lebensraum und die enteigneten Bürger*innen. Es geht um einen grundsätzlichen Umgang mit der Natur, von der wir stärker abhängen, als die meisten zugeben wollen. Es geht um ein System, das den wirtschaftlichen Interessen den roten Teppich ausrollt und dabei die Bürger*innen und selbst demokratisch gewählte Vertreter*innen vor den Kopf stößt. Es ist ein System, in dem man mit legalen Mitteln schnell an die Grenzen stößt und bei Regelübertritten für eine richtige Sache angeklagt und verurteilt wird. Der Kampf in Thüngersheim ist mehr als der Kampf um ein Stück Wald. Es ist eine Konfrontation mit dem kapitalistischen System, das Umweltzerstörung und Klimakrise für seine Zwecke billigend in Kauf nimmt.
Deshalb wird der Protest weitergehen. Wenn die Rodungsaison beginnt, kämpfen wir nicht nur für den Erhalt des Waldes, sondern auch für ein klimagerechtes System.