Mut zur Wahrheit – Hygienedemo in Meiningen

„Mut zur Wahrheit“, Meiningen, 09.08.2020

Ein paar Tage Zuhause, so etwas wie Urlaub, Waldspaziergänge mit Hund…doch dann war da „Mut zur Wahrheit“, eine Gruppe, die sich als Querdenker und Selbstdenker (sic!) bezeichnen und die zum inzwischen 14. Mal in Meiningen mobilisierten. Zusammen mit dem „Neuen Schmalkaldischen Bund“, Unterstützung aus Erfurt und den Montagsspaziergängen in Bad Salzungen finden wöchentlich in verschiedenen Städten Versammlungen statt. Berlin noch im Hinterkopf opferte ich meinen Nachmittag, um mir das anzusehen und ich bin schockiert, denn das, was ich da hören musste, zeigte eines deutlich: eine brandgefährliche Hygienedemo fand heute in Meiningen statt. Da waren keine meditierenden Menschen, keine Grundgesetz-haltenden, singenden Menschen. Was sich in Meiningen versammelte, waren Reichsbürger*innen, Verschwörungstheoretiker*innen der besorgniserregenden Art, Rassist*innen und Faschist*innen. Hier mein Bericht, der länger ausgefallen ist als geplant. Da die Hygienedemos in Meiningen aber bisher ohne jeglichen Gegenprotest oder auch nur Dokumentation stattfanden, ist es an der Zeit, dies in einer etwas ausführlicheren Form hier einmal zu tun.

Gleich zu Beginn bildete Xavier Naidoo die musikalische Umrahmung für die Begrüßung und Eröffnung der Versammlung, zu der sich anfangs ca. 60 Menschen auf der Wiese hinter dem Schloss Elisabethenburg eingefunden hatten. Am Ende waren ca. 100 Menschen anwesend, womit wieder ein leichter Anstieg im Vergleich zur letzten Versammlung festzuhalten bleibt.

Die Begrüßung und diverse Reden übernimmt Andreas Schmäußer, Inhaber eines Planungsbüros aus Reurieth, einer der Köpfe hinter „Mut zur Wahrheit“.  Schmäußers Name trat bereits mehrmals zumindest im Hintergrund in Erscheinung, wenn Nazis verschiedener Gruppierungen versuchten, Immobilien im Umland zu erwerben. Er wirkt teilweise eher wie ein Marktschreier, wenn er laut lachend Sitzgelegenheiten verteilt, schlechte Witze macht und die Anwesenden größtenteils bereits namentlich anspricht.

„Hallo Patrioten, die für ihr Vaterland auch mal schwitzen und es bedauern, dass es nicht noch 5 Grad mehr hat. Nach Berlin kann uns keiner mehr aufhalten.“ Damit ist klar, dass Berlin und die Großdemonstration am 01.08.2020 das Thema dieser Veranstaltung sein wird, dass dieser Tag den Hygienedemos nochmal einen riesigen Schub versetzt hat und er für uns alle, die wir seit Monaten Gegenprotest auf die Straße bringen, ein massiver Rückschlag war, da er PR-mäßig sehr gut von Veranstalter*innen wie Schmäußer genutzt wird.

Schmäußer macht während seiner diversen Redebeiträge keinen Hehl aus seiner Reichsbürger-Gesinnung. Er spricht in Bezug auf Deutschland ausschließlich von der BRD GmbH, in der „Normalbürger (sic!) das Personal für eine abgehobene Elite“ sind. Er zieht absurde Vergleiche zu den Protesten in der DDR 1989: „Das System wurde gestürzt und wir machen das jetzt wieder. Berlin war das Startsignal.“ Ehe er an weitere Redner*innen übergibt, kündigt er einige Termine an. „Hier ist ein Aufruf nach Berlin, am 29.08. kommen wir, um eine neue Zeit einzuläuten.“ Er fordert die Besucher*innen auf, in seinen Ruf „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“ einzustimmen, die Resonanz ist allerdings eher kläglich. Für den 03.10. stellt er ein „Familienfest“ in Aussicht, für das er 5000 Menschen auf die Straßen Meiningens mobilisieren möchte. Die Ziele für Berlin sind nochmal deutlich höher: „Aus den 1,3 Millionen werden wir am 29.08. drei Millionen machen. Die Lügenpresse wird nicht mehr davonkommen mit ihren falschen Zahlen.“ Damit ist ein weiteres großes Thema erreicht, welches alle Hygienedemos eint: die Ablehnung der Presse, die man als Lügenpresse bezeichnet, sie als „von der Regierung gelenkt und gleichgeschaltet“ oder von „Gates bezahlt und gesteuert“ betrachtet. Schmäußer fordert die Anwesen auf: „Teilt nichts, was nicht in unsere Richtung läuft.“ Der Absurdität dieses Satzes angesichts der vorherigen Unterstellungen ist sich keine*r der Anwesenden bewusst…Für seine Gruppe „Mut zur Wahrheit“ hat er ebenfalls große Pläne. Er möchte wachsen, auch in anderen Städten aktiv werden und sich vernetzen. Dafür bittet er wiederholt um Spenden, aber auch um „mutige Patrioten (sic!), die in den Strukturen und der Organisation aktiv werden wollen. „Wir wollen jede Position in der Struktur doppelt besetzen, damit wir handlungsfähig sind und bleiben, so lange dieser Kampf dauert.“

Klaus-Dieter aus Wasungen übernimmt nun. Laut eigener Aussage ein ehemaliger Polizist, der nicht länger schweigen will. Er ist anhand seiner Äußerungen im besten Falle ein geistiger Brandstifter zu nennen, im schlimmsten Falle wird er ein weiterer Einzelfall mit Verbindungen zur Polizei sein. Den 01.08. bezeichnet er wiederholt als Zeitenwende: „Das deutsche Volk erhebt sich, die Welt sieht es. Das Corona-Konstrukt wurde gegen uns gerichtet, aber es bricht jetzt zusammen.“ Weiter geht es auch bei ihm mit wirren Ideologien und Reichsbürgeransichten: „Das Grundgesetz wurde mit der angeblichen Wiedervereinigung abgeschafft. Diese Wiedervereinigung hat nie stattgefunden. Die DDR wurde abgeschafft und hat sich mit dem nicht existierenden Staat der BRD GmbH vereinigt – wie kann das sein? Wir leben seit 1989 in einem rechtsfreien Raum.“, redet er sich in Rage. Dann verkündet er eine große Neuigkeit, die allen Mut geben soll, die noch frei und selbstständig denken: „Es gibt inzwischen schon einen rechtmäßigen Bundesstaat Deutschland (BSD) mit allen Strukturen, ein Parallelstaat und eine Parallelregierung. Das alles existiert, seit 1994 wartet eine verfassungsgebende Versammlung darauf, dass sie genau das tun darf – endlich eine Verfassung geben – und wir werden dafür sorgen. Meine Botschaft an Merkel und Co: ihr räumt den Bundestag bald.“ Für weitere Nachfragen und genauere Infos stehe er jederzeit gerne in kleinerem Rahmen zur Verfügung.

Schmäußer stimmt hier begeistert ein: „Wir mutigen Patrioten wachsen, unser Außenministerium (!!!!) hat schon Kontakte aufgenommen. Wir werden von Merkel und Co. Tribute fordern, auch wenn sie Granaten auf uns schießen werden und das werden sie, wenn wir mit drei Millionen nach Berlin kommen. Aber ihr wisst es jetzt: niemand muss Angst vor Chaos haben, es gibt bereits eine Übergangsregierung, die bereit ist, sobald Merkel und Co. weichen.“

In den folgenden Aussagen Schmäußers kommt klar und eindeutig Rassismus zum Vorschein, der später auch noch in anderen Redebeiträgen aufgegriffen wird. Schmäußer: „Umweltschutz ist wichtig, aber es ist nicht der Deutsche, der die Welt verdreckt.“ Es wird wiederholt deutlich, dass 2014 als Einschnitt wahrgenommen wird, ab welchem man sich nicht mehr sicher fühlte. Finanzamt, Presse, Regierung – das alles sind inzwischen Feindbilder für die Anwesenden. Zwischen den Redebeiträgen werden Lieder gesungen, hier ein Textauszug: „wir sind nicht links, nicht rechts, wollen schon gar nicht die Mitte sein, wir sind das Volk, das für sein Vaterland aufsteht.“

Kurz meldet sich jetzt Michael Kloss (?) zu Wort. Ein Mann mit Cowboyhut und Bart, der sich als einer der Veranstalter vorstellt. Auch er bitte um Spenden und möchte Menschen motivieren, sich aktiv in Orga-Strukturen einzubringen.

Die nächste Rednerin ist Jana, sie arbeitet in einer Schule, was ich besonders bedenklich finde. Jana war in Berlin und sie berichtet von ihren Bedenken, dies hier öffentlich zu äußern. Sie habe Angst, dass das Gesundheitsamt und der Verfassungsschutz vor ihrer Tür stehen, um Abstriche zu erzwingen. Allerdings habe sie noch immer Herzklopfen, wenn sie an das „tolle und kraftvolle Friedensfest in Berlin denkt“ und deshalb habe sie sich entschlossen, mutig zu sein. Jana schürt die nebulöse Angst vor Zwangsisolationen/-herausnahmen von Kindern aus ihren Familien. „Mein Mann bleibt deshalb jetzt im Hintergrund, um im Fall der Fälle handlungsfähig zu bleiben“, erklärt sie. Vor Kurzem sei sie von der Direktorin ihrer Schule in deren Büro gerufen worden. Dort wurde sie aufgefordert, „ihre Teilnahme an fragwürdigen Veranstaltungen zu unterlassen“. Sie beklagt diese Drohungen, die Angst vor dem Verlust des Jobs mit sich bringen und das nur, weil man nicht gleichgeschaltet sei. Ihre Konsequenz aus diesem Gespräch lässt zumindest mich einigermaßen verdutzt zurück: „Ich habe alle meine WhatsApp-Kontakte, die mit der Schule in Zusammenhang stehen, so blockiert, dass sie meine Statusmeldungen nicht mehr sehen können, denn von dort hatte meine Chefin die Informationen.“ Im Weltbild der Besucher*innen dieser Veranstaltungen erscheint das völlig logisch und ausreichend, Jana erhält Applaus und dieser tut ihr sichtlich gut, so dass sie lautstark verkündet, auch am 29.08. wieder in Berlin zu sein, um Zeugin des historischen Moments zu werden.

Trixi übernimmt das Mikro. Sie trägt eine Bandage am Knöchel, berichtet vom Urlaub in Kroatien, wo sie beim Fotografieren umgeknickt sei. Gereist wurde extra mit dem Auto, um den Grenzkontrollen und Zwangstests am Flughafen zu entgehen. Zurück in Deutschland sei sie wegen ihres Knöchels in die Notaufnahme gegangen: „Ich trage keinen Mundschutz, im Krankenhaus trage ich auch keinen Mundschutz, mir wurde deshalb Behandlung verweigert“, empört sie sich und fährt fort: „Als ich den Nachnamen des Arztes hörte, der mich zwingen wollte, den Maulkorb zu tragen und meine Daten anzugeben, musste ich aufpassen, dass ich nichts Falsches sage. Ich habe schon mit der Polizei telefoniert, es wird ein Nachspiel haben, wenn deutschen Bürgern die Behandlung verweigert wird.“ Trixi ist in Begleitung da und wird stolz von ihrem Lebensgefährten gefilmt. Er selbst steht am Rande und ist mein ständiger Begleiter. Als schwarz gekleidete Person und als Einzige mit einem Mund-Nasen-Schutz falle ich von Beginn an auf wie der sprichwörtliche bunte Hund. Ich werde von Anfang an argwöhnisch beobachtet und von Trixis Begleiter auf Schritt und Tritt verfolgt. Irgendwann spreche ich ihn an und frage, ob ich ihm helfen kann, da er offensichtlich großes Interesse an mir hat. Ich werde umgehend bedroht: „Sie fotografieren die Personen hier, Sie sind sicher die Antifa und ich garantiere Ihnen, wenn ich ein Foto von mir irgendwo sehe, verklage ich Sie. Da können Sie nur hoffen, dass Ihnen Gates und die Antifa finanziell den Rücken freihalten.“ Eine Antwort bleibe ich ihm schuldig – was soll ich darauf auch erwidern, was nicht zur Eskalation führen könnte? Allerdings war das nur der Auftakt für weitere Bedrohungen und Beleidigungen, die von nun an aus der Versammlung heraus an mich gerichtet werden. Man droht mir u.a., mir „den Maulkorb vom Gesicht zu reißen“. Als ich mich irgendwann vier Teilnehmer*innen gegenübersehe, die wild gestikulierend auf mich einreden, steigt einer der zwei anwesenden Polizisten aus dem Dienstfahrzeug und kommt gemächlich auf uns zu. Wie nicht anders zu erwarten, fragt er zuerst mich, wieso ich die Versammlungsteilnehmer*innen provoziere. Ich verweise auf meinen Presseausweis, den öffentlichen Charakter dieser Veranstaltung, der mir das Recht gibt, Fotos der Anwesenden zu machen. Dem Polizisten gegenüber weise ich mich mit meinem Presseausweis aus, verweigere ihm aber, meine Fotos zu überprüfen. Ich biete ihm an, das Pressegesetz auf meinem Handy einzusehen und mir den Paragraphen zu zeigen, der mich zur Herausgabe/Vorlage meiner Fotos zwingt. Der Polizist ist überrumpelt und überfordert. Er geht zurück in sein Fahrzeug und ich bin wieder auf mich allein gestellt. Mein Bewacher bleibt an meiner Seite, während ich nun Rita lausche, einer Frau in den 60ern. Rita Breuning kann kurz und knapp beweisen, dass Corona samt den Tests nur ein Vorwand für etwas anderes ist: „Wer vermeintlich Symptome hat, Schnupfen und Fieber, und getestet werden will, wird nicht getestet. Aber wir anderen sollen alle zwangsgetestet werden. Das zeigt, das hier ganz andere Dinge dahinterstecken. Es geht um Überwachung und Gedankenkontrolle.“ Rita Breuning ist in Meiningen durchaus bekannt. Immer mal wieder verteilte sie in kleinerem Stil Infomaterial, welches thematisch im religiös-esoterischen Bereich anzusiedeln ist und Themen wie Liebe, Vergebung und den Glauben an Engel aufgreift.

Ich höre mir das alles nur noch fassungslos an und versuche, mir möglichst viele Notizen zu machen. Nicole fragt die Anwesenden: „Wo sind die Lehrer (sic!) und Eltern? Wann wachen sie endlich auf? Kinder werden schon im Kindergarten indoktriniert und jetzt auch noch mit dem Segen des Schulamtes massiv gefährdet. Noch haben wir Sommerferien, aber ich werde mein Kind nicht in die Schule schicken, wenn die Maskenpflicht kommt. Die Kinder werden traumatisiert, ihrer Kindheit beraubt und ihre seelische und körperliche Gesundheit gefährdet. Verklagt Lehrer (sic!) und Schulen, die so etwas durchsetzen.“ Weiter berichtet sie von Stellenausschreibungen der Jungendämter, die gezielt Mitarbeiter*innen einstellen, „um Kinder aus Quarantänefamilien weiterzuverteilen“. Sie spricht von einer Diktatur: „Ich kann auf einer Demonstration nicht sagen, was ich denke. Ich muss um meinen Job und um meine Kinder fürchten. Die Regierung führt Krieg ohne Waffen gegen uns, gegen Familien, gegen alle, die nicht gleichgeschaltet sind & nicht zu Maulkorbträgern geformt wurden. Deutschland ist eine Diktatur.“

Der nächste Mensch am Mikrofon fällt durch hohe Aggressivität auf. Er stellt sich als Thomas (Pankwart?) aus Bibra vor, arbeitet seiner Aussage nach inzwischen in der Schweiz, wo er in den letzten Monaten einen Supermarkt umgebaut habe: „In der Schweiz gibt es keine Maskenpflicht. Ich habe in den letzten Wochen 15000 Personen im Rahmen meiner Arbeit getroffen, alle ohne Masken, niemand ist krank. Maskenträger (sic!) und die, die diese Gleichschaltung verantworten, sind Abschaum und müssen bekämpft werden.“, schreit er den Menschen regelrecht zu. „Mit Berlin ist die Angst vorbei, die Zeit der Freiheit ist da. Merkel und Co., gebt eure Macht freiwillig ab, sonst seid ihr verantwortlich für das, was wir alle nicht wollen.“ Klarer kann man kaum formulieren, was Menschen wie Thomas sich wünschen und was einige sicher bereit sind, in die Tat umzusetzen.

Schmäußer schaltet sich nochmals absolut euphorisch ein: „Der links-grün-faschistische Genderwahn ruiniert uns. Lasst uns eine neue Welt erschaffen. Ich will keine bunte Welt. Ich will eine Welt in der alle Völker klar ersichtlich neben-, aber nicht miteinander leben.“

Es ist jetzt gut eine Stunde vergangen. Nun werden drei Gesprächskreise gebildet. Es gibt keine thematische Abgrenzung, es soll lediglich jeder/jedem Raum gegeben werden zum freien Austausch. Schmäußer verteilt nun „Redestäbe“ und erklärt: „Wir haben keine Hierarchien, alle sind gleichberechtigt. Aber es gibt klare Strukturen. Wer den Stab hat, darf nicht unterbrochen werden und alles sagen, was er (sic!) möchte – wie bei den alten Germanen.“

Dieses absurde Schauspiel zieht sich eine weitere Stunde hin. Dann scheint das Ende des angemeldeten Versammlungszeitraums erreicht. Das wird schon dadurch erkennbar, dass der Polizist noch einmal seinen Dienstwagen verlässt und in Richtung der Veranstalter*innen auf die Uhr deutet. Diese verstehen das Signal und beenden die Veranstaltung offiziell. Schnell wird noch auf die nächste Versammlung um 18:00 in Schmalkalden (ca. 25 km entfernt) hingewiesen, die Organisator*innen beladen ihre Fahrzeuge, um rechtzeitig dort zu sein, die Polizei fährt weg, während alle Gesprächskreise unverändert weiterlaufen.

Jetzt werde ich einmal mehr beleidigt und beschimpft und langsam reicht es mir dann auch, so dass ich mich auf den Heimweg mache.

Ich habe in anderen Städten schon ein paar Hygienedemos erlebt, die Themen waren immer ähnlich, doch so aggressiv und gefährlich in ihren Reden und Aussagen habe ich noch keine Demo vorher wahrgenommen. Meiner Meinung nach zeigt sich auch daran eines sehr deutlich: ohne Gegenprotest und Beobachtung durch Antifaschist*innen gewinnen die Rassist*innen, Faschist*innen und gefährliche Verschwörungstheoretiker*innen klar die Oberhand über Esoteriker, Meditierende und sogenannte „besorgte Bürger*innen“. Hygienedemos brauchen überall Widerstand oder zumindest Menschen, die das, was dort gesagt wird, dokumentieren. Es darf auch in diesem Bereich kein ruhiges Hinterland geben.

Ein Pressevertreter der Lokalzeitung “Meininger Tageblatt” (https://www.insuedthueringen.de/region/meiningen/) begleitete die Versammlung von Anfang bis Ende. Er begrüßte die Verantwortlichen mit Handschlag, ging immer wieder in freundliche, eher privat und vertraut wirkende Gespräche mit den Anwesenden und wurde in keinster bedrängt und/oder bei seiner Arbeit eingeschränkt. Wirft man einen Blick auf seine wöchentlichen Bericht über diese Versammlungen, erklärt sich mir, warum Widerstand und kritische Stimmen aus der Bevölkerung ausbleiben. Die Berichterstattung verharmlost, verzichtet auf die klare Benennung von Redner*innen und ihren Forderungen, klammerte rassistische Äußerungen genauso aus wie Forderungen nach einem Umsturz. Die Menschen wünschen sich den Rücktritt Merkels und schildern ihre Ängste vor Zwangsimpfungen – viel mehr Inhaltliches sucht man vergebens.

Die Polizei war in Meiningen quasi nicht präsent, Auflagen wie Abstandsregeln wurden zu keiner Zeit beachtet, Menschen hielten sich auch außerhalb des ausgewiesenen Versammlungsbereiches unbehelligt auf, es wurden keine Aufnahmen der Redner*innen gemacht, was in Anbetracht dessen, was diese teilweise äußerten, nur als fahrlässig bezeichnet werden kann. Zufällig vorbeikommende Passant*innen ignorierten das Geschehen völlig oder belächelten „die Idioten“ im Vorbeigehen. Niemand achtete auf das, was dort gesagt wurde, niemand widersprach oder fragte nach. Völlig unbehelligt können hier Strukturen und Ideen gedeihen, die brandgefährlich werden können.